Der Bismarckhain – Vom Friedhof zur Erholungsoase
Dort, wo sich heute der Bismarckhain als Erholungsoase für die Bürger wieder im altem Glanz präsentiert, befand sich von 1549 bis 1845 der Friedhof der Stadt, bis dieser aus Platzgründen in die Zeitzer Straße verlegt wurde. Das Grundstück, der Kirchgemeinde gehörend, bestand in seiner bisherigen Form als Gottesacker weiter. Nach und nach verfielen die alten Grabstätten und anlässlich des 80. Geburtstages des Altreichskanzlers Fürst Otto von Bismarck fasste man den Gedanken, aus dem Gelände einen Erholungspark zu gestalten. Eine ins Leben gerufene Sammlung brachte in kurzer Zeit Einundzwanzig tausend Goldmark. Die Stadt kaufte den alten Friedhof, der vorher erst säkularisiert, also der kirchliche Status aufgehoben und verweltlicht werden musste. Das Areal hatte eine Größe von damals 2 Hektar und 15 Ar, das sind 21 500 Quadratmeter. Der Kaufpreis für Grund und Boden betrug 62.270 Reichsmark. Auf Grund eines Preisausschreibens führte der Parkdirektor Reinecken aus Greiz die gartenkünstlerische Gestaltung aus, die einschließlich des Wegebaus 56.600 Mark verschlang.
Mit seinen weiten, schönen Rasenflächen, seinen hohen Baumgruppen, die schon den alten Friedhof angehörten, seinen Teppichbeeten, einer Felsgrotte, den Springbrunnen, zu Ehren des sächsischen Königshauses auf den Namen „Wettinbrunnen“ getauft und einen Kinderspielplatz, wurde der Park zu einem Kleinod der Stadt.
Der neue Park erhielt den Namen des damaligen Reichskanzlers „Bismarckhain“.
Otto Fürst von Bismarck (1815 – 1898), Sohn eines Großgrundbesitzers, war Diplomat am Frankfurter Bundestag (1851-59), in Petersburg (1859-62) und Paris. Dort erreichte ihn der Ruf König Wilhelms I. von Preußen, der ihm das Amt des Ministerpräsidenten anbot und er darauf hin die Regierungsgeschäfte in Preußen übernahm. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde er 1. Kanzler. Außenpolitisch erfolgreich, wollte er innenpolitisch die Zeichen der Zeit nicht sehen. Zwar sorgte er für fortschrittliche Sozialgesetzgebung, versuchte aber – letztlich in beidem erfolglos – die Macht der Kirche in einem Kulturkampf zu brechen und die Arbeiterbewegung durch ein scharfes Sozialistengesetz (1878) zu unterdrücken. In der sozialen Frage geriet er 1890 in Konflikt mit dem jungen Kaiser Wilhelm II. der ihn schließlich entließ. In breiten Teilen der Bevölkerung genoss der „Eiserne Kanzler“, wie er genannt wurde, weiterhin hohes Ansehen.So wurde ihm zu Ehren an der Grotte im Park ein gusseisernes Relief mit seinem Kopfbild eingelassen, darunter Lettern mit seinem Namen. Die Stadt Crimmitschau verlieh Bismarck die Ehrenbürgerschaft der Stadt. Er ist auch heute noch unter der Nummer sieben im Ehrenbürgerbuch aufgeführt.
Mit dem Zusammenbruch des 3. Reiches wurde nach Kriegsende diese Plakette samt Schriftzug entfernt. Der Weg dieses Reliktes ist unbekannt, nur ein verwittertes Rudiment zeugte von dieser Vergangenheit.
Die gesamte Anlage wurde in „Friedenspark“ umbenannt, der alte Name jedoch war nie ganz bei der Bevölkerung der Stadt verschwunden. Die neuen Machthaber in der DDR stellten nun ein Ehrenmal zum Gedenken für die Opfer des Faschismus auf, welches nach der Wiedervereinigung unseres Landes seinen Platz auf dem städtischen Friedhof fand. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens erhielt der Park nach einem Stadtratsbeschluss am 6. Juli 1999 seinen alten Namen „Bismarckhain“ zurück.
Beim blättern in einem Auktionskatalog fand ich eine, etwa hundert Jahre alte Reliefplakette mit dem Bildnis Bismarcks, die der verschollenen sehr ähnelt. Also besuchte ich diese Auktion und konnte diese Plakette erfolgreich ersteigern.
Die Bürgergemeinschaft „Für Crimmitschau“ war sich sofort einig; diese Gussplakette sollte das verschollene Relikt wieder ersetzen und das Bildnis des Namensgebers wieder zeigen und übernahm die Kosten. Handwerker dieser Gemeinschaft brachten sie wieder an die alte Stelle, darunter auch den Namenszug „BISMARCK“ in Stein gehauen.
Im Zuge der umfangreichen Sanierung dieser prächtigen Anlage mitten in unserer Stadt hat dieses Reliefbild als ein Stück Geschichte wieder seinen Platz gefunden.Der verstorbene Heimatfotograf Max Graichen widmete den Spruch:“Die Vergangenheit erhalten, die Gegenwart verwalten, die Zukunft gestalten.“
Mögen sich unsere Bürger an der schönen Anlage erfreuen!
(Bernd Borchardt)
